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Wirtschaftliche Jugendhilfe & Kostenerstattung

Die Wirtschaftliche Jugendhilfe im Jugendamt begleitet Jugendhilfeleistungen finanziell und administrativ.

Zu ihren Aufgaben zählt in der Regel die Prüfung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, die Bescheiderteilung und die Kostenabwicklung. Das LWL-Landesjugendamt Westfalen unterstützt die örtlichen Jugendämter.

Unser Auftrag

Das LWL-Landesjugendamt Westfalen unterstützt die Wirtschaftlichen Jugendhilfe mit zwei Schwerpunkten:

  • Wir beraten unter anderem in Fragen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, der Kostenerstattung und Kostenheranziehung. Für Mitarbeitende der Jugendämter bieten wir Fortbildungen an.
  • Das LWL-Landesjugendamt Westfalen erstattet als überörtlicher Träger im Rahmen der §§ 89 ff. SGB VIII den örtlichen Jugendämtern die Kosten der Jugendhilfe. Zudem erstattet es als übertragene Landesaufgabe Kosten aufgrund des § 89d SGB VIII in Fällen von Jugendhilfe nach Einreise.

Beratung

Wir geben Auskünfte und beraten die Jugendämter zu allen Fragen der Wirtschaftlichen Jugendhilfe:

  • Fragen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit
  • zur Kostenerstattung und Kostenheranziehung
  • Gewährung von Jugendhilfe für Ausländer
  • Gewährung von Jugendhilfe für Deutsche im Ausland (soweit der überörtliche Jugendhilfeträger gem. § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht originär zuständig ist)

LWL-AK Wirtschaftliche Jugendhilfe

Der LWL stellt über die beiden Arbeitskreise Wirtschaftliche Jugendhilfe (AK WiJu Nord & Süd) eine Austauschplattform für die Jugendämter Westfalen-Lippes zur Verfügung. Neben dem Austausch werden Empfehlungen für die LWL-Jugendämter erarbeitet. Fragen zum Arbeitskreis richten Sie gerne an Stephan Whiley.

Übersicht der Ansprechpersonen zum Thema in den Jugendämtern in Westfalen-Lippe

Die folgenden Ansprechpersonen werden von den Jugendämtern im Jugendamtsverzeichnis Westfalen-Lippe gepflegt.

Online-Antrag

Kostenerstattung bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d SGB VIII)

Sie können die Kostenerstattung jetzt online beantragen − schnell und papierlos. 

Kostenerstattung bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d SGB VIII)

Einsendung von Unterlagen zur Kostenerstattung

Bitte senden Sie Unterlagen an folgende E-Mail-Adresse: kostenerstattung@lwl.org.

Häufig gestellte Fragen

Nach welchen Maßgaben erfolgt die Kostenerstattung gemäß § 89d SGB VIII?

Maßgeblich für die Erstattung der Jugendhilfeaufwendungen ist die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorschriften des SGB VIII und örtlichen Richtlinien. D.h., die Kosten für rechtmäßig gewährte Jugendhilfe werden erstattet, sofern die Voraussetzungen des § 89d Abs. 1 oder Abs. 2 SGB VIII ebenfalls vorliegen.

Im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens ist der Interessenwahrungsgrundsatz zu beachten (§ 89f SGB VIII). Demnach muss die Jugendhilfegewährung im Hinblick auf die Interessen des erstattungspflichtigen Trägers kostenschonend erfolgen. Darüber hinaus sind die Jugendhilfekosten grundsätzlich einem konkreten Einzelfall zuzuordnen. Anderenfalls ist eine Kostenerstattung ausgeschlossen.

Wie verläuft das Kostenerstattungsverfahren nach § 89d SGB VIII?

Die Kostenerstattung bei Gewährung von Jugendhilfe nach Einreise ist in § 89d SGB VIII geregelt. Demnach sind die von einem Jugendamt (JA) aufgewendeten Kosten vom Land zu erstatten, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Für NRW ist die Aufgabe gem. § 1,8 AG-KJHG den Landesjugendämtern übertragen worden.

Der Ablauf der Kostenerstattung stellt sich im Wesentlichen folgendermaßen dar:

Das örtlich zuständige JA trifft die erforderlichen Jugendhilfemaßnahmen und stellt einen Antrag auf Erstattung seiner Aufwendungen (Kostenerstattungsantrag B2).

Nach Antrageingang entscheidet das LWL-Landesjugendamt Westfalen (LWL-LJA Westfalen) als Kostenträger darüber durch Anerkenntnis. Dieses bestätigt i. d. R. das Vorliegen der Erstattungsvoraussetzungen. Es kann allerdings auch unter dem Vorbehalt ergehen, dass weitere Unterlagen vom JA nachgereicht werden.

Ferner kann das Kostenanerkenntnis – je nach Einzelfall – befristet werden.

Zusammen mit dem Antrag und während der weiteren Hilfegewährung stellt das JA die im Einzelfall entstandenen Kosten dem Kostenträger in Rechnung (B4-Rechnungsvordruck). Durch die Unterschrift wird die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Angaben bestätigt. Für die Erstattung überprüft das LWL-LJA Westfalen, ob die Jugendhilfegewährung rechtmäßig erfolgte. Anschließend erfolgt die Auszahlung.

Welche Unterlagen werden bei der Antragstellung für die Kostenerstattung gem. § 89d SGB VIII benötigt?

Aktuelles vereinfachtes Nachweisverfahren

Aufgrund der Erlasse des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2023, 02.02.2024 und 22.05.2024 kann für die Verfahren derzeit auf die Vorlage von bestimmten Nachweisen verzichtet werden (vereinfachte Nachweisprüfung). Dies gilt nur, wenn das Jugendamt den Antrag auf Kostenerstattung durch vollständige Angaben im B2-Vordruck schlüssig dargelegt – die online Antragstellung über das Service-Portal wird empfohlen. Dies gilt für Anträge, die bis zum 30.06.2025 gestellt werden bzw. rückwirkend für Anträge, die bereits ab dem 01.01.2023 vorlagen.

Es besteht die Verpflichtung, alle anderen Nachweise, die grundsätzlich für die jeweilige Maßnahme bzw. Leistung vorzulegen sind, weiterhin für den Fall einer Prüfung vorzuhalten. Bei fehlender Schlüssigkeit eines Antrages können zudem weitere Unterlagen angefordert werden.

Die Liste der Unterlagen, die im vereinfachten Nachweisverfahren vorzulegen sind, finden Sie hier: 250203-uebersicht-einzureichende-unterlagen-kostenerstattung-par-89d.pdf

Wer kommt für den Lebensunterhalt, Kosten der Unterkunft etc. bei minderjährigen Ausländern auf, die mit ihren volljährigen Verwandten in einer Haushaltsgemeinschaft wohnen?

Während der (vorläufigen) Inobhutnahme nach §§ 42a oder 42 SGB VIII ist das JA verpflichtet, den Unterhalt sicherzustellen. 

Alternativen nach Beendigung der Inobhutnahme: 

  1. Gewährung von Hilfen zur Erziehung (HzE), z. B. in Form von Verwandtenpflege: In diesem Fall können reguläre Tagessätze gezahlt werden. 
  2. Es wird keine Jugendhilfe mehr gewährt: Der Unterhalt kann grundsätzlich durch Leistungen nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes oder des SGB II bzw. SGB XII sichergestellt werden.

Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Sozialleistungen vorliegen, ist vom zuständigen Sozialleistungsträger zu prüfen. Letzteres gilt auch dann, wenn ambulante Maßnahmen im Rahmen des SGB VIII durchgeführt werden. 

Können die Kosten für Sprachkurse vom LWL-LJA Westfalen erstattet werden?

Im Rahmen der Kostenerstattung nach § 89d SGB VIII können die Kosten für Sprachkurse nur in begründeten Ausnahmefällen erstattet werden. D.h., grundsätzlich sind andere Kostenträger vorrangig in Anspruch zu nehmen.

Im Rahmen einer Schulpflicht oder Ausbildung sind Schulen, Berufskollegs und Berufsschulen vorrangig verpflichtet, Sprachkurse zu gewähren. Falls kein schulischer oder beruflicher Deutschkurs in Betracht kommt, bietet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Deutschunterricht als Bestandteil des Integrationskurses an, unabhängig davon, ob die Person einen Aufenthaltstitel hat oder sich im laufenden Asylverfahren befindet.

Die Kosten für Sprachkurse werden vom LWL-LJA Westfalen nur dann erstattet, wenn kein anderer Kostenträger hierfür vorrangig zuständig ist. Falls Sprachkurse im Rahmen der Jugendhilfe in Rechnung gestellt werden, ist eine Begründung notwendig. Sie soll folgende Punkte erfassen:

  • Gründe, weshalb keiner der vorrangig verpflichteten Träger in Anspruch genommen wurde.
  • Gründe, weshalb andere Angebote nicht wahrgenommen werden können.

Die Angaben müssen erkennen lassen, dass Recherchen nach Angeboten anderer Träger unternommen wurden (z. B. jemand braucht kurzfristig Nachhilfe in Deutsch, um ein Schul- oder Ausbildungsziel noch zu schaffen und der nächste Kurs findet erst in drei Monaten statt).

Sind Kosten für den Eigenanteil bei der Beschaffung von Schulbüchern erstat-tungsfähig?

Nein. Die Übernahme des Eigenanteils für Schulbücher ist ausgeschlossen. Diese Kosten werden entweder vom Amt für Schule und Weiterbildung oder vom Jobcenter erstattet. Nur soweit diese Befreiung nachweislich nicht möglich sein sollte, kann eine Erstattung beantragt werden.

Sind Kosten für Passbeschaffung erstattungsfähig?

Ja. Nach der Rechtsprechung gehören Passbeschaffungskosten zum notwendigen Lebensunterhalt im weiten Sinne. Darunter sind neben den Bedarfen, die als Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet werden, auch diejenigen Bedarfe zu verstehen, die von der Einrichtung selbst nicht erbracht werden und nicht vom Barbetrag zu decken sind. Zu beachten ist hier insbesondere, dass der Barbetrag für Einrichtungsbewohner keine Ansparbeträge vorsieht. Zu den Passbeschaffungskosten können bei notwendigen Fahrten zu Auslandsvertretungen in andere Städte auch Reisekosten gehören. Kosten, die für eine Begleitperson (Vormund/in) einer/s Minderjährigen entstehen, sind ebenfalls erstattungsfähig.

Sind Gebühren für die Verlängerung des Aufenthaltstitels erstattungsfähig?

Nein. Mangels entsprechender Aufnahme der Befreiungstatbestände nach § 52 AufenthVO auch für Personen, die finanzielle Leistungen nach dem SGB VIII erhalten, fehlt es zwar an einer Rechtgrundlage für eine Befreiung dieser Personengruppe, diese sind aber nach hier vertretener Auffassung von der Ausländerbehörde entsprechend anzuwenden. Daher wird in solchen Fällen empfohlen, mit der zuständigen Ausländerbehörde abzusprechen, dass im konkreten Fall eine Befreiung aufgrund gleichartiger Sachlage (Gewährung von Annex-Sozialleistungen) anzunehmen ist. In etlichen Fällen erfolgt dann eine Befreiung, ggf. muss das JA vorleisten. 

Ist das Taschengeld auch während der (vorläufigen) Inobhutnahme auszuzah-len und dementsprechend erstattungsfähig?

Ja. Nach § 39 Abs. 2 SGB VIII umfassen die Leistungen zum Unterhalt der umA in einer Einrichtung „einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung“. Der Barbetrag dient zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse, die von den pauschalen Versorgungsleistungen nicht erfasst sind.

Bei der Erstunterbringung eines jungen Menschen bis einschließlich zum 15. eines Monats bzw. einer Entlassung in der zweiten Hälfte des Monats ist der Barbetrag in voller Höhe auszuzahlen. Wird der junge Mensch in der zweiten Hälfte des Monats aufgenommen oder in der ersten Hälfte entlassen, wird der halbe Betrag gezahlt.

Im Falle einer unvorhergesehenen Entlassung soll auf die Rückforderung von ausgezahlten Taschengeldbeträgen verzichtet werden.

Welche weiteren Beihilfen sind erstattungsfähig?

Beihilfen, die aus persönlichen Anlässen gewährt werden können, wie Taufe, Firmung, Weihnachtsbeihilfen, Einschulung, sind grundsätzlich auch erstattungsfähig.

Ist das Bekleidungsgeld auch während der (vorläufigen) Inobhutnahme erstattungsfähig?

Ja. Die Aufwendungen für Bekleidung sind vom regelmäßig wiederkehrenden Bedarf i.S.v. § 39 Abs. 2 S. 1 SGB VIII erfasst. Die Kosten hierfür stellen eine laufende Unterhaltsleistung dar und sind somit zu erstatten. Die Einrichtung hat die Auszahlung und Verwendung des Bekleidungsgeldes zu dokumentieren. Das laufende Bekleidungsgeld wird als pauschalierte Leistung tagesgenau berechnet und individuell abgerechnet. Die Höhe der Pauschale wird von der Landeskommission Jugendhilfe NRW festgelegt.

Sind Kosten für Erstausstattung mit Bekleidung erstattungsfähig?

Ja. Ist bei erstmaliger Aufnahme in eine Einrichtung keine ausreichende Bekleidung vorhanden, kann eine Beihilfe in Höhe der durch die geltenden Empfehlungen der Landeskommission Jugendhilfe NRW vorgegebenen Beträge gem. § 39 Abs. 3 SGB VIII gewährt werden.

Sind Kosten für eine Verselbstständigung erstattungsfähig?

Ja. Bezieht ein umA im Rahmen einer laufenden stationären Hilfe zur Verselbständigung (als Mieter) ein Zimmer bzw. eine Wohnung, wird gem. § 39 Abs. 3 SGB VIII für die anfallenden Kosten eine Pauschale zum Erstbezug als einmaliger Zuschuss gezahlt.

Die Pauschale kann für Möbel, Anschlusskosten, Renovierung sowie eventuelle Transportkosten eingesetzt werden. Ziehen mehrere Personen in dieselbe Wohnung, ist die Pauschale nach Prüfung des Einzelfalles zu reduzieren.

Wichtig: Eine Beihilfe gem. § 39 Abs. 3 SGB VIII setzt die Gewährung einer stationären Hilfe zur Erziehung voraus – für deren Ausgestaltung kann damit nur eine Beihilfe geleistet werden. Wird mit dem Auszug beginnend lediglich eine ambulante Hilfe nach dem SGB VIII gewährt, dann ist z. B. eine Einrichtungsbeihilfe rechtzeitig vor Auszug über den zuständigen Leistungsträger zu beantragen. Tritt das Jugendamt ggf. insoweit vorbehaltlich in Vorleistung, kann es sich diese Beihilfe i. d. R. vom zuständigen Träger erstatten lassen.

Werden die Kosten für eine Mietkaution erstattet?

Grds. nein, denn eine Mietkaution wird vom Jugendamt gestellt und ist aufgrund der individuellen Rückzahlungsvereinbarung mit dem jungen Menschen an das Jugendamt zurückzuzahlen. Aber: Eine Erstattung der Kaution wird möglich, wenn und soweit deren „Verbrauch“ nachgewiesen wird, weil das Jugendamt die Zahlung nicht mehr (vollständig) durch den Vermieter zurückerstattet bekommen hat.

Sind Krankenhilfekosten erstattungsfähig?

Ja. Die Übernahme der Krankenhilfe durch das Jugendamt ist in § 40 SGB VIII geregelt; die Übernahme ist abhängig vom Leistungsangebot – sie erfolgt bei stationären Leistungen. Der Umfang der Hilfe richtet sich dabei nach den Bestimmungen der §§ 47 bis 52 des SGB XII und somit nach den per Satzung festgelegten Leistungsumfängen der gesetzlichen Krankenversicherungsträger.

Medikamente in geringfügigem Umfang werden durch den Sachkostenanhaltswert abgedeckt. Der darüber hinaus gehende Bedarf ist im Einzelfall in voller Höhe zu decken. Hierzu zählen z.B. Zuzahlungen für Medikamente, Kosten für kieferorthopädische Behandlungen, Brillen und empfängnisregelnde Mittel. Darüber hinaus sind die Kosten der psychotherapeutischen Behandlung im Rahmen der Versorgung über die gesetzliche Krankenversicherung nach § 264 Abs. 2 S. 1 SGB V von der Krankenkasse zu übernehmen und damit auch erstattungsfähig.

Auch die pauschalen Kosten der Krankenversicherung, die gem. § 264 Abs. 7 SGB V gegenüber dem Krankenversicherungsträger entstehen, sind erstattungsfähig über § 89d SGB VIII. Es handelt sich hierbei nicht um gem. § 109 SGB X ausgeschlossene Verwaltungskosten, sondern, spezialgesetzlich gegenüber dem SGB X im SGB V geregelt, um Kosten, die im Auftragsverhältnis der Sozialleistungsträger entstehen, also nicht eigene Verwaltungskosten des Jugendamtes, die über die allg. Regelung des § 109 SGB X von einer Erstattung ausgeschlossen wären.

Krankenversicherung über Behandlungsscheine oder Krankenversichertenkarte – gibt es einen Unterschied?

Die Kommunen in NRW verwenden bei den Krankenversicherungen – auch für die Gruppe geflüchteten Kinder und Jugendlichen – teilweise in Zusammenarbeit mit den GKV eine Gesundheitskarte, teilweise werden durch die Jugendämter selbst ausgestellte Behandlungsscheine verwendet.

Letzteres kann u. U. im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der umA sinnvoll sein, wenn und solange ein Verbleib eines/einer unbegleitet eingereisten und vorläufig in Obhut genommenen Minderjährigen noch offen ist. Sobald aber der gewöhnliche Aufenthalt feststeht, weil das Verteilverfahren ausgeschlossen oder beendet wurde, erscheint nach Darstellungen der Fachpraxis die Anmeldung zur Krankenversicherung verbunden mit dem Ausstellen einer eigenen Gesundheitskarte für die Gruppe der minderjährigen Geflüchteten als geeigneterer Weg, um den Zugang zu Krankenbehandlung nicht zu erschweren. Das Vorlegen der Behandlungsscheine führt– insbesondere im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung – bei vielen Arztpraxen zu Problemen, da die Vorstellung entstehen kann, bei Behandlungsscheinen gelte ein anderer Leistungsumfang. Der Irrtum basiert vermutlich oftmals auf der Vorstellung, dass Behandlungsscheine nur einen ähnlichen Leistungsumfang umfassen, wie bei AsylbLG-Bezieher:innen  (nur Akut- und Schmerzbehandlung). Außerdem ist ein Einlesen der Behandlungsscheine im Gegensatz zur Gesundheitskarte nicht möglich und daher wird z. T. eine Behandlung sogar abgelehnt.

Auch wenn dieses Missverständnis in den Praxen geklärt werden kann, bedeuten Missverständnisse, Erklärungen oder sogar Zurückweisungen für diese vulnerable Personengruppe unnötige Verunsicherungen, die sich zu Lasten der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund auswirken können. Fachkräfte berichten, dass die Minderjährigen zum Teil Arztbesuche aufgrund dessen nicht alleine bewältigen, geschweige denn dort diese Erläuterungen geben können.

Vor dem Hintergrund – und unter Berücksichtigung der für die Jugendämter damit verbundene eigenen Entlastung sowie der Erstattungsfähigkeit (s.o.) – wird ein Überdenken angeregt, ob die Versorgung durch die Gesundheitskarte anstelle der Behandlungsscheine gewährt werden sollte.

Sind Kosten einer Anwältin/eines Anwalts erstattungsfähig?

Nein. Es wird empfohlen, abzuklären, ob Beratungs- und Prozesskostenhilfe beantragt bzw. Kontakt zu Migrations- und Asylberatungsstellen aufgenommen werden kann, die über sog. Flüchtlingsrechtshilfefonds verfügen.

Was ist eine Brückenlösung? Welche Kosten sind erstattungsfähig?

Eine sog. Brückenlösung dient, soweit eine stationäre Unterbringung dort durch besonderen Erlass des zuständigen Ministeriums NRW zulässig ist, im Ausnahmefall zur Sicherstellung des Schutzauftrages bei erheblichen Kapazitätsproblemen. Gestattet ist, geflüchtete Kinder und Jugendliche in diesen stationären Einrichtungen ohne eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII unterzubringen, um deren Obdachlosigkeit zu vermeiden, wenn eine alternative Lösung zeitnah noch nicht möglich ist. Die Unterbringung in einer Brückenlösung soll vorübergehenden Charakter haben.

Die im Ausnahmefall so erfolgende Sicherstellung des Schutzauftrages soll bei der Erstattung von Kosten nach § 89 d SGB VIII unter Berücksichtigung der konkreten Bedingungen des Einzelfalls berücksichtigt werden.

Für eine solche Brückenlösung, die auch in Hotels, Schulen oder Turnhallen erfolgen kann, entwickelt das Jugendamt ein Konzept, das pädagogische Betreuungsleistungen und finanzielle Leistungen (Lebensunterhalt, Taschengeld usw.) enthält. In allen Fällen hat das Jugendamt ein pädagogisches Konzept und ein Schutzkonzept vorzulegen und die Brückenlösung anzumelden.

Der Sachbereich "Schutz von Kindern in Einrichtungen" des LWL-LJA Westfalen, dem diese Brückenlösungen zu melden sind, gibt Auskunft, welche Brückenlösungen in NRW vorgehalten werden. Brückenlösungen sind nicht auf Maßnahmen nach §§ 42 und 42a SGB VIII beschränkt, es können dort auch Anschlussmaßnahmen fortgeführt werden.

Eine Öffnung von Brückenlösungen für junge Volljährige ist ausnahmsweise für ehemalige unbegleitete Minderjährige möglich, die im Laufe der jugendhilferechtlichen Betreuung in der jeweiligen Brückenlösung die Volljährigkeit erreicht haben.

Das Ziel jeder Form der Brückenlösung ist es, eine möglichst schnelle Überleitung in reguläre Jugendhilfemaßnahmen sein. Erstattungsfähig sind die für den Einzelfall berechneten Kosten der Inbetriebnahme sowie des laufenden Betriebs der Brückenlösungen, ferner die pädagogischen Betreuungskosten sowie die finanziellen Hilfen gem. §§ 39, 40 SGB VIII. Die Angemessenheit der Kosten ist zu beachten (§ 89f SGB VIII). Ferner sollte bei der Errichtung beachtet werden, dass die Erlaubnis zur Unterbringung in Brückenlösungen nur vorübergehend aufgrund der Erlasslage möglich ist – d. h. lange vertragliche Verpflichtungen sollten überprüft werden.

Sind die Kosten für (Gebärden-)Dolmetscher erstattungsfähig?

Ja, soweit der Einsatz für die Gewährung von Maßnahmen bzw. Leistungen der Jugendhilfe erforderlich ist. Rechtsgrundlage hierfür ist § 109 Satz 2 SGB X, der die Erstattung von Auslagen in Sozialverwaltungsverfahren vorsieht. Die Höhe der Vergütung für einen Dolmetschereinsatz sollte sich nach dem JVEG (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz) richten.

Sind die Kosten für die medizinische Altersfeststellung, die durch das Jugendamt veranlasst wurde, erstattungsfähig?

Entsprechend sind, wie die Kosten für eine/n (Gebärden-)Dolmetscher/in, s. o.) Kosten der Begutachtung in einem medizinischen Altersfeststellungsverfahren als Auslagen der Verwaltung erstattungsfähig. Wird ein medizinisches Gutachten im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens durch das Familiengericht in Auftrag gegeben, trägt dieses die Kosten.

Wird die medizinische Altersfeststellung auf Antrag des jungen Menschen durchgeführt (vgl. § 42f Abs. 2 SGB VIII), obwohl das Jugendamt keinen Zweifel an der Volljährigkeit der Person hat, trägt der junge Mensch die Kosten des Verfahrens. Das Jugendamt hat – wenn es von der Volljährigkeit vor Erstellung des Gutachtens überzeugt ist – die vorläufige Inobhutnahme gem. § 42a SGB VIII zu beenden und den jungen Menschen auf seine Rechte gem. § 42f Abs. 3 SGB VIII in verständlicher Weise zu unterrichten. Auch über die Kosten für das medizinische Altersgutachten sollte es den jungen Menschen in dem o. g. Fall informieren.

Ebenfalls erstattungsfähig wären Kosten für eine ggf. erforderliche genetische Abstammungsuntersuchung z. B. für eine Familienzusammenführung, wenn das Jugendamt diese in Auftrag gibt.

Sind Kosten der Jugendhilfe für eine überbetriebliche Ausbildung erstattungsfähig?

Falls kleine und mittlere Betriebe bestimmte Ausbildungsteile nicht selbst anbieten können und Auszubildende dementsprechend betriebsexterne Maßnahmen wahrnehmen müssen (überbetriebliche Ausbildung), können die hierfür angefallenen Kosten erstattet werden. Rechtsgrundlage für die Erstattung derartiger Kosten ist § 13 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII.

Voraussetzungen:

  • Die betriebsexterne Maßnahme muss zur Sicherung der Ausbildungsqualität geboten sein und
  • es darf kein anderer Träger (z. B. Bundesagentur für Arbeit) vorrangig verpflichtet sein.

Sind Kosten für einen Führerschein erstattungsfähig?

Kosten für einen Führerscheinerwerb können ggf. unter bestimmten Voraussetzungen erstattungsfähig sein (§ 39 Abs. 3 SGB VIII). Der Erwerb des Führerscheins gehört zum notwendigen einmaligen Bedarf, sofern dieser im Rahmen einer Ausbildung nachweislich erforderlich ist, dieses Ausbildungsziel von den Zielsetzungen der Jugendhilfe gedeckt ist, das Erreichen dieses Ziels wahrscheinlich ist und daher die Kostenübernahme durch das Jugendamt befürwortet wurde. Nachzuweisen ist ferner, dass andere Möglichkeiten einer Kostenübernahme – bspw. durch das Jobcenter oder den Betrieb – nicht bestehen.

Sind Kosten des Deutschlandtickets erstattungsfähig?

Grundsätzlich sind dies Kosten, die bei Gewährung einer stationären Hilfe gem. § 39 Abs. 3 SGB VIII erstattungsfähig sein können. Dabei sind jedoch Kosten der Mobilität in der Regel in den Tagessätzen einer stationären Hilfe gem. § 34 SGB VIII enthalten – in diesem Fall kann nicht zusätzlich die Kostenerstattung für ein Deutschlandticket erfolgen. Insoweit wäre ggf. zu prüfen, ob Leistungsvereinbarungen angepasst müssten. Eine Erstattung ist ferner ausgeschlossen, wenn Fahrtkosten bereits durch die Ausbildungsstätte/Schule erstattet werden. Soweit nur einmalig oder für einen kurzen Zeitraum das Deutschlandticket angeschafft wurde, wäre für eine Erstattung der Grund für diesen Bedarf sowie die Wirtschaftlichkeit gesondert zu begründen. 

Sind die Kosten erstattungsfähig, wenn die Jugendhilfemaßnahme durch eigene Fachkräfte des Jugendamtes angeboten und umgesetzt wurde (z. B. betreutes Wohnen)?

Grundsätzlich nicht; eine Erstattung ist gem. § 109 S. 1 SGB X ausgeschlossen.

Ausnahme: Es ist eine Abgrenzung der Tätigkeiten zu anderen Aufgaben des Jugendamtes (z.B. im ASD) möglich, weil nachweislich eine Abordnung von Mitarbeitenden des Jugendamtes für diese Aufgaben z. B. in einer Einrichtung erfolgt ist.

Sind die Kosten für eine Haftpflichtversicherung für umA erstattungsfähig?

Die Kosten einer Haftpflichtversicherung in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung sind durch den Träger der Einrichtung aufzubringen und sind im Rahmen der Leistungsvereinbarung ggf. aufzunehmen – als Nebenkosten des individuellen Tagessatzes sind sie damit erstattungsfähig bei einer Abrechnung durch das Jugendamt. Für Minderjährige, die in Pflegefamilien stationär untergebracht werden, werden üblicherweise durch die Jugendämter Sammelhaftpflichtversicherungen abgeschlossen. Es erfolgt keine individuelle namentliche Zurechnung. Zwar bezieht sich die Berechnung auf konkrete Schadensfälle. Sie ist jedoch nicht individualisiert im erstattungsrechtlichen Sinne. Daher stellen die Aufwendungen für die Sammelhaftpflichtversicherung der Jugendämter Verwaltungskosten dar, die nicht zu erstatten sind, § 109 S. 1 SGB X. Es empfiehlt sich im Vorfeld zu ermitteln, ob eine Sammelhaftpflichtversicherung besteht. 

Wie ist bei einer Maßnahme nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB VIII in einer reinen UMA-Wohngruppe die Kostenerstattung geregelt?

Falls Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen gewährt wird, ist der notwendige Unterhalt sicherzustellen, der dann erstattungsfähig ist, § 13 Abs. 3, S. 2 SGB VIII

Wer erstattet die Kosten, wenn ein bereits jugendhilferechtlich zugewiesener umA abgängig ist und in einem anderen Bundesland erneut vorläufig in Obhut genommen wird?

Die Kosten sind zunächst beim Zuweisungsjugendamt des anderen Bundeslandes geltend zu machen (vgl. 144. Empfehlung zur UMA-Kostenerstattung bei bundeslandübergreifendem Entweichen).

Die Empfehlung geht davon aus, dass gemäß § 89d Abs. 1 SGB VIII das Land, dem das Zuweisungsjugendamt angehört, diesem gegenüber erstattungspflichtig bleibt, auch wenn in einem anderen Bundesland eine erneute vorläufige Inobhutnahme eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings erfolgt. Da die Zuständigkeit auch nach Entweichen des umA beim Zuweisungsjugendamt verbleibt, ist nur dieses berechtigt, die Kosten beim jeweiligen Land geltend zu machen.

Ein Durchgriffsanspruch des vorläufig in Obhut nehmenden Jugendamtes gegen den überörtlichen Träger eines anderen Bundeslandes besteht nicht.

Sollte es auf der Ebene der horizontalen Kostenerstattung jedoch nachweislich nicht gelingen, eine Erstattung beim Zuweisungsjugendamt des anderen Bundeslandes zu erreichen, kann das westfälische Jugendamt eine Kostenerstattung für die vorläufige Inobhutnahme auch beim LWL-Landesjugendamt Westfalen geltend machen.

Wie lange werden Freihaltekosten einer (vorläufigen) Inobhutnahme bzw. einer stationären Unterbringung erstattet?

Für die Dauer von 48 Stunden, ab dem Tag des Entweichens gerechnet, ist das Freihalten von Plätzen bei den Schutzmaßnahmen (§§ 42a, 42 SGB VIII) zulässig und wird dann im Umfang von 80 % erstattet (vgl., Rundschreiben des LWL-Landesjugendamtes 12/2023, Ziff. 5a.) Diese Regelung zur Kostenerstattung beruht im Wesentlichen auf den Auslegungsgrundsätzen der FAQ des Bundesfamilienministeriums zur Umsetzung des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher, nach denen für diesen Zeitraum auch vorgegeben ist, ob und wann ggf. die jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten sich ändern.

Deutlich längere Freihaltekosten können bei einem Entweichen/Verschwinden aus einer stationären Jugendhilfeeinrichtung gem. § 33/34 zulässig vom Jugendamt an den Träger gezahlt werden - und werden entsprechend auch erstattet (§ 89f SGB VIII), vgl. das o. g. Rundschreiben.

Grundlage ist hier immer die individuelle Vereinbarung des Jugendamtes mit dem leistungserbringenden Träger - zumeist basierend auf dem alten Rahmenvertrag. Grundsätzlich sind danach für Abwesenheiten von bis zu 28 Tagen Freihaltekosten vereinbart, darüber hinaus können, wie im Rahmenvertrag vorgesehen, noch weitere Tage vereinbart werden (Bildungs- und Ferienfahrten).

Sind die Kosten für die irrtümliche Inobhutnahme einer volljährigen Person erstattungsfähig? Besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung auch dann, wenn sich die Einschätzung „Minderjährigkeit“ im Nachhinein als falsch erweist?

Ja. Entscheidend ist, dass das Vorgehen des JA dokumentiert wird und die Minderjährigkeit zunächst angenommen und nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Für die Kostenerstattung ist unerheblich, wenn die Alterseinschätzung sich nachträglich als falsch erweist. Nach Feststellung der Volljährigkeit bzw. Bekanntwerden neuer Tatsachen, die eine Volljährigkeit belegen, ist die Schutzmaßnahme unverzüglich zu beenden.

Nachrangige Kostenerstattung gem. § 5 Abs. 2 Flüchtlingsaufnahmegesetz?

Falls die Aufwendungen nicht nach § 89d SGB VIII erstattungsfähig sind (z.B. die Jugendhilfe wurde nicht fristwahrend gem. § 89d Abs. 1 SGB VIII gewährt), kommt ggf. eine Kostenerstattung nach § 5 Abs. 2 FlüAG in Betracht. Erfasst sind Fälle, in denen minderjährige Personen einen Asylantrag gestellt oder um Asyl nachgesucht haben. Kostenerstattungspflichtig ist die jeweilige Bezirksregierung. Ggf.f. kommt auch eine Kostenerstattung nach den §§ 89ff SGB VIII in Betracht. Hierzu beraten wir gerne.

Neues zum Handlungsfeld Wirtschaftliche Jugendhilfe & Kostenerstattung

Foto einer Person die am Schreibtisch arbeitet und etwas berechnet (Bild: iStock / sutlafk).

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