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Unfallverhütung in Kindertageseinrichtungen

09.07.2012 LJA

Sicherheit in Kindertageseinrichtungen

Viele Kinder besuchen jeden Tag „ihre Kindertageseinrichtung“. Unabhängig von Verbesserungsbedarfen, über die wir zum Teil auch lebhaft miteinander diskutieren, leisten die Kindertageseinrichtungen wichtige, qualifizierte und engagierte Arbeit. Die ihnen anvertrauten Kinder werden in aller Regel gut in ihrer Entwicklung gefördert, in der Weiterentwicklung ihrer persönlichen Beziehungen zu Eltern, Freunden und anderen Personen unterstützt. Ihre Kompetenzen, Fertigkeiten und ihr Wissen werden erweitert.

Objektiv gibt es also keinen Grund zu Zweifeln, dass die Kinder in unseren Kindertageseinrichtungen gut aufgehoben sind. Dennoch: Trotz aller Vorsicht und Vorkehrungen gibt es keine Lebensbereiche, in denen Unfälle, manchmal auch mit Folgen für Leib und Leben, ausgeschlossen sind.

Zur Verhütung von Unfällen sind zwei Dinge erforderlich: Mit offenen Augen durch die Kita gehen und professionelles Handeln!

Im Einzelnen stellen sich Fragen

  • nach dem Verhältnis von persönlichkeitsfördernder Pädagogik und Aufsichtspflicht,
  • nach den Kriterien und Anforderungen der Aufsichtspflicht und
  • nach den Verantwortlichkeiten bei der Ausstattung von Kindertageseinrichtungen.

Hierzu möchten wir Ihnen im Folgenden noch einmal die wichtigsten Punkte vergegenwärtigen, die aus unserer Sicht geeignet sind, Verletzungen an Leib und Leben zu vermeiden.

1. Kriterien und Anforderungen der Aufsichtspflicht

  • Umfang und Intensität der Aufsichtspflicht lassen sich nicht generell bestimmen. Sie sind vielmehr abhängig vom Alter und Entwicklungsstand des Kindes, von der konkreten Situation, aber auch der Gesamtzahl der zu beaufsichtigtenden Kinder.
  • Grundsätzlich kann älteren Kindern mehr Freiraum gegeben werden, jüngere Kinder brauchen mehr Aufsicht.
  • Neben dem Alter kommt es aber auch auf den individuellen Entwicklungsstand des einzelnen Kindes an. Wichtig ist dabei auch, inwieweit das Kind schon in der Lage ist, mögliche Gefahren oder Risiken einschätzen zu können.
  • Damit im Zusammenhang steht die Gefährdung in der konkreten Situation. Spielsituationen, aber auch Ausstattungsmaterialien haben unterschiedliche Gefahrenpotenziale. So ist z. B. ein Teich naturgemäß für Kinder gefährlicher als ein Sandkasten.
  • Gefahrenpotenziale haben aber auch einen Bezug zum einzelnen Kind: Wenn ein Kind zum ersten Mal auf eine Rutsche klettert, braucht es dabei mehr Aufsicht als wenn es die Rutsche bereits viele Male benutzt hat.
  • Von Bedeutung ist auch die Anzahl der zu beaufsichtigten Kinder: Wenn z. B. mehr als zehn Kinder zu beaufsichtigen sind, ist "dicht dran sein" wichtiger als wenn es sich um bis zu fünf Kinder handelt (immer aber auch abhängig von der konkreten Situation).
  • Abhängig von der konkreten Situation kann deshalb ständige Aufsicht erforderlich bzw. Nachsehen in regelmäßigen Abständen ausreichend sein. Je nach Situation kann direkt dabei sein erforderlich sein bzw. im Blick haben ausreichend sein.

Allein die genannten Beispiele zeigen, dass die Kriterien für den Umfang und die Intensität der notwendigen Aufsicht relativ einfach zu bestimmen sind. Jede einzelne Kraft befindet sich täglich sehr oft in Situationen, in denen die Anforderungen an die Aufsichtspflicht eingeschätzt werden müssen; in aller Regel geschieht dies höchst professionell. Dennoch kann es hilfreich sein, sich die Frage nach der Aufsichtspflicht in regelmäßigen Abständen ganz bewusst zu stellen, um das Problembewusstsein und die Sensibilität zu schärfen.

2. Persönlichkeitsfördernde Pädagogik und Aufsichtspflicht

Dies sind keine Gegensätze; im Alltag der Kindertageseinrichtungen ergänzen sich beide Aspekte in aller Regel, ohne dass die beiden Prinzipien miteinander in Konflikt geraten.

Kinder auch an Gefahrensituationen (behutsam) heranzuführen, ist Bestandteil der pädagogischen Anforderungen. Damit kann (s. 1.) eine gesteigerte Aufsichtspflicht einhergehen. Vielfach ist es aber auch möglich, Kindern mehr Freiraum zu geben und damit auch ihre Selbstständigkeit zu fördern, ohne das Maß der Aufsicht zurückzunehmen (Aufsicht auf Abstand).

Pädagogische Anforderung ist aber auch, dass Kinder erleben, dass ihnen Vertrauen entgegengebracht wird, dass sie bestimmte Situationen auch ohne fremde Hilfe (und ohne Aufsicht) bewerkstelligen. Dies geschieht jedoch reflektiert, zum einen hinsichtlich der Kompetenzen und Fähigkeiten der jeweiligen Kinder und zum anderen hinsichtlich möglicher Gefahrensituationen. Außerdem sollten Kinder nicht das Gefühl haben bzw. vermittelt bekommen, dass sie kontinuierlich beaufsichtigt werden.

3. Verantwortlichkeiten bei neuen Ausstattungsmaterialien

Die erste Verantwortung liegt zunächst beim Hersteller (Verkäufer), der nur verkehrssichere Materialien in Verkehr bringen darf. Andernfalls haftet er nach zivilrechtlichen Mäßstäben. Wenn Materialien eingebaut werden sollen, trifft die gleiche Verantwortung den Lieferanten bzw. Bauunternehmer.

Die gleiche Verantwortlichkeit hat aber auch der Träger einer Kindertageseinrichtung: Auch ihn trifft eine Versicherungspflicht. Deren fahrlässige Verletzung kann ebenfalls zur Haftung des Trägers führen.

Darüber hinaus sind die Träger unter dem Aspekt der Arbeitssicherheit verpflichtet, kontinuierlich eine Gefährdungsanalyse in Bezug auf die Arbeitsplätze vorzunehmen. Zwar fehlt eine entsprechende Verpflichtung in Bezug auf die Sicherheit der Kinder. Wir unterstützen jedoch die Empfehlung der Landesunfallkasse, bei der Gefährdungsanalyse auch die Sicherheitsinteressen der Kinder dabei mit wahrzunehmen.

Schließlich besteht die Möglichkeit, die Kindertageseinrichtung regelmäßig oder aus Anlass (z. B. erstmalige Betreuung von Kindern unter drei Jahren oder Einbau neuer Geräte) durch einen Dritten, z. B. Sicherheitsingenieure des TÜV, inspizieren zu lassen.